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Ihr Expertentipp des Monats von Yvonne Winkler

Was ist eigentlich eine Nebenwirkung?

„Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker.“ Diesen Satz hat vermutlich jeder von uns schon einmal gehört. Als Verbraucher hat man eine vage Vorstellung vom Begriff "Nebenwirkung".

Doch worum handelt es sich dabei im Detail? 

Eine Nebenwirkung ist eine schädliche oder unbeabsichtigte Reaktion auf ein Arzneimittel. Eine Nebenwirkung kann durch die Einnahme eines jeden Arzneimittels verursacht werden, auch wenn dieses gemäß den Vorgaben in der Packungsbeilage eingenommen wurde. Einem pharmazeutischen Unternehmer ist per Gesetzt auferlegt, Nebenwirkungen zu sammeln. Auch ihm bekannt gewordene Fälle zu „special situations“ wie Überdosierungen, Fehlgebrauch, Missbrauch oder Medikationsfehler sind zu dokumentieren und ggf. zu analysieren. Ebenso monitoriert wird eine Anwendung eines Arzneimittels, das außerhalb der zugelassenen Indikation angewendet wird (off-label use). Das Auftreten einer Nebenwirkung muss nicht unbedingt in einem ursächlichen Zusammenhang mit dem eingenommenen Arzneimittel stehen. Grundsätzlich reicht es aus, wenn der Verdacht auf eine Nebenwirkung bei einem Arzneimittel besteht. Nebenwirkungen können nicht schwerwiegend, schwerwiegend bis hin zu lebensbedrohlich oder sogar tödlich sein. Sie können direkt nach Verabreichung eines Arzneimittels oder aber auch erst nach einer Arzneimittelanwendung über viele Jahre hinweg auftreten.   

Wie kommen die Nebenwirkungen in die Packungsbeilage?  

Ein Zulassungsinhaber ist gesetzlich verpflichtet, jede Nebenwirkung, die ihm bekannt wird, in einem Pharmakovigilanz-System zu führen. Dabei ist nicht zu unterscheiden, ob eine Nebenwirkung bereits in der Packungsbeilage aufgeführt ist oder nicht, oder über welchen Weg sie dem Zulassungsinhaber bekannt wird. Der Inhaber der Zulassung muss stets die volle Übersicht über das Nutzen-Risiko-Profil aller von ihm in den Markt gebrachten Arzneimittel gewährleisten. Dies gilt für Fertigarzneimittel sowie für biomedizinische Arzneimittel, wie z. B. Impfstoffe oder Blutprodukte. Für eine valide Meldung sollten zumindest die sogenannten Minimalkriterien vorliegen: Angaben zum Patienten, eine beobachtete Reaktion, ein verdächtigtes Arzneimittel und die Kontaktdaten des Meldenden. Diese Meldungen werden nach internationalen Standards elektronisch erfasst, pseudonymisiert und codiert. Dieser Datenbestand wird stetig ausgewertet, um das Nutzen-Risiko-Profil eines Arzneimittels zu überprüfen.

Alle vorliegenden Fälle werden zuletzt einer medizinischen Bewertung seitens des Zulassungsinhabers unterzogen. Hier beginnt für den Zulassungsinhaber auch die sogenannte Signaldetektion. Eine unabhängige Signaldetektion wird ebenfalls aufseiten der Arzneimittelbehörden betrieben. Um wichtige Risiken erkennen zu können, werden - grob zusammengefasst - aus der Vielzahl der Informationen relevante von nicht relevanten Informationen getrennt. Erkannte Risiken müssen weiterverfolgt werden und gegebenenfalls Maßnahmen ergriffen werden, um diese zu minimieren. Dies kann z. B. die Anpassung der Packungsbeilage beinhalten. Die Gestaltung einer Packungsbeilage ist ebenso gesetzlich geregelt. Die Wiedergabe von Nebenwirkungen in Packungsbeilagen kann somit bezeichnet werden als eine Sammlung aller wichtigen Informationen, die einem Zulassungsinhaber bekannt werden und die Merkmale eines Arzneimittels wiedergeben.

 

Über die Autorin

Yvonne Winkler

Seit über 15 Jahren in der pharmazeutischen Industrie tätig. Seit 2012 in der Pharmakovigilanz in einem pharmazeutischen Unternehmen.   

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